Was ist der Zusatzpflichtteil oder Restpflichtteil?
Was ist der Zusatzpflichtteil oder Restpflichtteil?
Der sogenannte “Zusatzpflichtteil” ist für Sie relevant, wenn Sie als Pflichtteilsberechtigter zugleich Erbe geworden sind. Das heißt: Sie gehören zur Gruppe der nach dem Gesetz Pflichtteilsberechtigten – sind also z.B. Kind des Verstorbenen -, wurden aber auch von dem Verstorbenen als Erbe eingesetzt.
Wenn die Erbschaft, die Sie von dem Erblasser erhalten haben, im Wert aber so gering ist, dass sie hinter dem Betrag zurückbleibt, der Ihnen als Pflichtteil nach dem Gesetz zusteht, haben Sie gemäß § 2305 BGB einen Pflichtteilsrestanspruch, also das Recht, die Differenz zwischen ihrer Erbschaft und Ihrem gesetzlichen Pflichtteil geltend zu machen.
Diese Differenz wird als “Zusatzpflichtteil”, “Pflichtteilsrest” oder auch “Restpflichtteil” bezeichnet.
Noch Fragen?
Wann bekomme ich den Zusatzpflichtteil?
Einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB haben Sie, wenn Sie Erbe geworden sind, der Erbteil jedoch im Wert geringer ist als Ihr gesetzlicher Pflichtteilsanspruch. In dem Fall können Sie die Differenz zwischen diesem Erbteil und Ihrem Pflichtteilsanspruch von den Miterben einfordern. Hierbei handelt es sich um einen reinen Geldanspruch.
Wenn Sie dagegen enterbt wurden, haben Sie ohnehin den vollen Pflichtteilsanspruch gegen die Erben. Der Zusatzpflichtteil spielt dann keine Rolle.
Wenn Sie enterbt wurden – also im Testament nicht als “Erbe” benannt oder ausdrücklich enterbt wurden -, von dem Verstorbenen aber ein Vermächtnis erhalten haben (zum Beispiel durch die Zuwendung eines konkreten Gegenstands im Testament wie dem Auto des Erblassers oder einem Geldgeschenk), kommt es auf den Wert dieses Vermächtnisses an. Wenn Sie pflichtteilsberechtigt sind, haben Sie gemäß § 2307 BGB ein Wahlrecht: Sie können das Vermächtnis ausschlagen und Ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen oder – wenn Sie das Vermächtnis zwar behalten wollen, aber der Wert geringer ist, als der Ihnen zustehende Pflichtteil – das Vermächtnis fordern und daneben noch den Zusatzpflichtteil geltend machen.
Kann man den Anspruch auf den Zusatzpflichtteil umgehen?
Der Anspruch auf den Zusatzpflichtteil ist im Grunde ein Pflichtteilsanspruch. Den Pflichtteilsanspruch kann der Erblasser nicht einfach umgehen. Eine vollständige Enterbung ist nur in krassen Ausnahmefällen möglich.
Dem Gesetz nach steht der Pflichtteilsanspruch nur einem Pflichtteilsberechtigten zu, der vom Erblasser von der Erbfolge ausgeschlossen wurde (§ 2303 Abs. 1 BGB). Das bedeutet aber nicht, dass sich der Pflichtteilsanspruch dadurch umgehen lässt, dass man zum Beispiel ein Kind oder den Ehegatten zwar als Erben einsetzt, ihm oder ihr aber nur eine kleine Erbschaft zukommen lässt. Sonst könnte man dem Pflichtteilsberechtigten “1 Euro” vererben und es dabei belassen.
Der Pflichtteilsberechtigte hat – außer in besonderen, gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen – immer einen Anspruch auf eine Beteiligung am Nachlass in Höhe seines Pflichtteils. Bleibt seine Erbschaft hinter diesem Wert zurück, hat er einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil in Höhe der Differenz (§ 2305 BGB).
Was ist der Unterschied zwischen Zusatzpflichtteil und Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Oft wird der Anspruch auf den Zusatzpflichtteil mit dem sogenannten “Pflichtteilsergänzungsanspruch” verwechselt.
Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht gemäß § 2325 BGB, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten Schenkungen an andere Personen vorgenommen hat. Diese Schenkungen sind – unter bestimmten Umständen – in ihrem Wert, also fiktiv, für die Ermittlung des Pflichtteils dem Nachlass wieder zuzurechnen. Der Nachlass wird dann rechnerisch um die Schenkung “ergänzt”, sodass sich für Sie als Pflichtteilsberechtigten der Pflichtteil erhöht.
Für Schenkungen gilt gemäß § 2325 BGB im Regelfall, dass sie unberücksichtigt bleiben, wenn zwischen der Schenkung und dem Todesfall mehr als zehn Jahre vergangen sind. Innerhalb dieser zehn Jahre gilt außerdem das sogenannte “Abschmelzungsmodell”. Nach diesem Abschmelzungsmodell müssen pro Jahr, gerechnet ab dem Erbfall, 10 % vom Wert der Schenkung abgezogen werden. Erfolgte die Schenkung also zum Beispiel fünf Jahre vor dem Tod des Erblassers, wird der Wert des Geschenks nur noch mit 50 % für den Pflichtteilsergänzungsanspruch angerechnet. Für Geschenke unter Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner gilt die Zehnjahresfrist nicht.
Mehr zum Pflichtteilsergänzungsanspruch finden Sie hier
Wie berechnet man den Zusatzpflichtteil?
Ein Pflichtteilsberechtigter, also zum Beispiel ein Kind oder Ehegatte, hat gemäß § 2303 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Einen möglichen Zusatzpflichtteil ermittelt man auf der Basis dieses Pflichtteils.
Zunächst wird der Wert des Nachlasses (auch “Reinnachlass” genannt) ermittelt, also das Vermögen im Nachlass abzüglich der Verbindlichkeiten des Erblassers. Dann wird die Quote ermittelt, mit der man nach der gesetzlichen Erbfolge am Nachlass beteiligt ist. Die Pflichtteilsquote beträgt hiervon die Hälfte.
Daraus ergibt sich der Betrag, der einem als Pflichtteil zusteht. Dieser Betrag wird dann mit dem Wert der Erbschaft verglichen, die man erhalten hat. Ergibt sich eine Differenz zu Ihren Gunsten, können Sie diesen Differenzbetrag als Zusatzpflichtteil einfordern.
Ob man von Gesetzes wegen erbberechtigt ist, bestimmt sich nach dem erbrechtlichen System aus Ordnungen und Stämmen.
Zu den Erben der 1. Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, Enkel usw. Zu den Erben der 2. Ordnung gehören die Eltern des Erblassers und ihre weiteren Abkömmlinge, also zum Beispiel Geschwister. Die Großeltern des Erblassers und deren weitere Abkömmlinge, also zum Beispiel Onkel oder Tanten, gehören zu den Erben der 3. Ordnung.
Innerhalb einer Ordnung gilt das sogenannte “Repräsentationsprinzip”: Ein nach der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigter Angehöriger schließt seine eigenen Abkömmlinge – den sogenannten “Stamm” – von der gesetzlichen Erbfolge aus. So gehen zum Beispiel Söhne oder Töchter des Erblassers ihren eigenen Kindern, den Enkelkindern des Erblassers, in der gesetzlichen Erbfolge vor.
Ein Beispiel?
Ein Vater (verwitwet) setzt seine drei Kinder als Erben ein. Die Tochter erhält ⅖ des Vermögens, der älteste Sohn ⅖ und der jüngere Sohn ⅕ des Vermögens. Die beiden Kinder des ältesten Sohnes wurden nicht bedacht.
Hat einer der Abkömmlinge des Erblassers zusätzliche Ansprüche?
In diesem einfachen Beispiel sind nur die drei Kinder des Erblassers erbberechtigt. Würde die Ehefrau noch leben bzw. die Ehegatten noch verheiratet, wäre die Ehefrau ebenfalls nach der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigt und für die Berechnung der Pflichtteilsquote zu berücksichtigen.
Nach der gesetzlichen Erbfolge steht hier jedem Kind ⅓ des Nachlasses zu. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte davon, also in diesem Beispiel für jedes Kind ⅙ des Nachlasses. ⅙ entspricht 5/30. Die Tochter und der älteste Sohn haben je ⅖, also 12/30 des Nachlasses erhalten und damit mehr als ihren Pflichtteil. Der dritte Sohn hat ⅕, also 6/30 erhalten und damit ebenfalls (etwas) mehr als seinen gesetzlichen Pflichtteil.
In der Realität sind solche einfachen Fälle natürlich die Ausnahme. Wir stehen Ihnen auch in schwierigen Konstellationen zur Seite.
Habe ich bei einem Vermächtnis einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil?
Wenn Sie von dem Erblasser nur mit einem Vermächtnis bedacht wurden, sind Sie nicht Erbe geworden – es sei denn, Sie wurden auch als Erbe eingesetzt.
Wenn Sie zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gemäß § 2303 BGB gehören, gilt dasselbe wie bei pflichtteilsberechtigten Erben. Wenn Ihr Vermächtnis hinter dem Wert des Ihnen zustehenden gesetzlichen Pflichtteils zurückbleibt, haben Sie einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil in Höhe dieser Differenz.
Gemäß § 2307 BGB haben Sie ein Wahlrecht: Sie können das Vermächtnis ausschlagen und stattdessen Ihren gesetzlichen Pflichtteil verlangen. Sie können aber auch das Vermächtnis behalten und die Differenz zu dem Pflichtteil, der ihnen nach dem Gesetz zustehen würde, verlangen.
Die Differenz bis zur Höhe des gesetzlichen Pflichtteils ist – genauso wie der Pflichtteilsanspruch – ein reiner Geldanspruch. Dieser Auszahlungsanspruch richtet sich gegen die anderen Erben. Die Erben sind zur Auszahlung des Zusatzpflichtteils verpflichtet.
Wenn Sie zusätzlich zu einer Erbschaft ein Vorausvermächtnis gemäß § 2150 BGB bekommen haben, also “im Voraus”, wird dieses Vorausvermächtnis auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch nicht angerechnet.
Wann verjährt der Anspruch auf den Zusatzpflichtteil?
Der Anspruch auf den Zusatzpflichtteil ist an sich ein echter Pflichtteilsanspruch. Er verjährt daher wie der Pflichtteilsanspruch gemäß §§ 195, 199 BGB, also innerhalb von drei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Erbe Kenntnis vom Erbfall und den sogenannten “anspruchsbegründenden Umständen” erlangt hat. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Testamentseröffnung erfolgt ist.
Hat man noch gar nicht davon erfahren, dass der Erblasser verstorben ist, beginnt die Frist nicht zu laufen.
Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt unabhängig davon spätestens nach 30 Jahren.
Was ist, wenn Zusatzpflichtteil und Pflichtteilsergänzungsanspruch zusammenkommen?
Der Anspruch auf den Zusatzpflichtteil und der Pflichtteilsergänzungsanspruch schließen sich nicht aus. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, können sie nebeneinander geltend gemacht werden.
Pflichtteilsberechtigte Erben haben in der Höhe der Differenz zwischen ihrer Erbschaft und dem gesetzlichen Pflichtteil einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch steht Pflichtteilsberechtigten – auch pflichtteilsberechtigten Erben – zu, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen an Dritte vorgenommen hat. Dann werden diese Schenkungen unter bestimmten Bedingungen dem Nachlass “fiktiv” wieder zugerechnet. Zwar erhöht sich auch dadurch der Pflichtteil; trotzdem sind es zwei unterschiedliche Ansprüche.
Ein Beispiel?
Ein Vater (alleinstehend) hat seine beiden Söhne als Erben eingesetzt. Er hat kurz vor seinem Tod noch sein Haus an eine Nachbarin verschenkt. Der Wert dieses Hauses beträgt 100.00,00 EUR. Der restliche Nachlass hat einen Wert von 60.000,00 EUR. Sohn A wurde mit 10.000,00 EUR bedacht, Sohn B mit 50.000,00 EUR. Beide Söhne nehmen die Erbschaft an.
Sohn A hat einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil, da sein Erbe geringer ist als sein gesetzlicher Pflichtteil. Dieser beträgt: 60.000,00 EUR x ¼ = 15.000,00 EUR.
Sohn B hat keinen Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil.
Zusätzlich besteht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Bezug auf den Wert des Hauses in Höhe von 100.000,00 EUR. Gemäß § 2326 BGB können Erben einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auch dann geltend machen, wenn der Wert ihrer Erbschaft die Hälfte des gesetzlichen Erbteils – also den Pflichtteilsanspruch – erreicht.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch richtet sich gegen die anderen Erben. Wenn der Nachlass zur Erfüllung dieses Anspruchs nicht ausreicht, kann sich der Pflichtteilsberechtigte unter Umständen auch an den Beschenkten selbst wenden.
Ein Pflichtteilsberechtigter hat gegen den bzw. die Erben einen Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch gemäß § 2314 BGB. Bei einer Schenkung richtet sich dieser Anspruch grundsätzlich auch gegen die Erben. Wenn die Erben zur Auskunft nicht in der Lage sind, kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch auch gegen den Beschenkten geltend machen. Das gilt vor allem dann, wenn sich der Berechtigte diese Informationen nicht auf andere zumutbare Weise beschaffen kann.
Steht mir als Ehegatte ein Anspruch auf den Zusatzpflichtteil zu?
Für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner ergeben sich unterschiedliche gesetzliche Erb- bzw. Pflichtteilsansprüche. Diese Ansprüche hängen unter anderem von dem vereinbarten Güterstand ab. Üblicherweise ist es so, dass Ehegatten und eingetragene Lebenspartner im sogenannten “Güterstand der Zugewinngemeinschaft” zusammenleben. Wenn es keine andere Regelung gibt, ist dieser Güterstand der gesetzliche Regelfall.
Im Todesfall gilt für den überlebenden Ehe- oder Lebenspartner dann Folgendes: Wurde der Ehe- oder Lebenspartner enterbt und hat auch kein Vermächtnis bekommen, steht ihm nach § 2303 Abs. 2 BGB die Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu (der sogenannte “kleine Pflichtteil”). Daneben kann der Ehe- oder Lebenspartner den Zugewinnausgleich gemäß § 1371 Abs. 2 i.V.m. §§ 1383, 1390 BGB verlangen.
Wenn der überlebende Ehe- oder Lebenspartner nach der gesetzlichen Erbfolge erbt – zum Beispiel, weil kein Testament vorliegt -, bekommt er gemäß § 1931 Abs. 1 BGB neben Verwandten der 1. Ordnung – also Abkömmlingen des Erblassers – einen Anteil von ¼ des Erbes. Daneben kann er den sogenannten “pauschalierten Zugewinnausgleich” geltend machen. Der pauschalierte Zugewinnausgleich beträgt noch einmal ¼ des Nachlasses gemäß § 1371 Abs. 1 BGB. In dem Fall spricht man vom sogenannten “großer Pflichtteil” oder der “erbrechtliche Lösung”.
Der überlebende Ehe- oder Lebenspartner kann aber auch das Erbe ausschlagen, gemäß § 1371 Abs. 3 BGB den “kleinen” Pflichtteil beanspruchen und daneben den regulären Zugewinnausgleich verlangen. Hierbei handelt es sich um die sogenannte “güterrechtliche Lösung”. Der als Erbe eingesetzte Ehe- oder Lebenspartner hat also ein Wahlrecht.
Wird der Ehe- oder Lebenspartner testamentarisch oder durch Erbvertrag als Erbe eingesetzt, kann er ebenfalls das Erbe ausschlagen und gemäß § 1371 Abs. 3 BGB den “kleinen” Pflichtteil verlangen sowie den Zugewinnausgleich.
Nimmt der Ehe- oder Lebenspartner das Erbe an, hat er keinen Anspruch auf den Zugewinnausgleich. Er kann aber, da er grundsätzlich pflichtteilsberechtigt ist, einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil geltend machen, wenn seine Erbschaft hinter dem ihm gesetzlich zustehenden Pflichtteil zurückbleibt.
Erbe ausschlagen und Zusatzpflichtteil - geht das?
Der Erblasser kann eine Erbschaft mit Einschränkungen versehen, also mit sogenannten “Beschränkungen” und “Beschwerungen”. Das ist der Fall bei
- der Einsetzung als Vor- oder Nacherbe,
- der Ernennung eines Testamentsvollstreckers,
- einer benachteiligenden Teilungsanordnung,
- einem Vermächtnis oder einer Auflage.
Das Gesetz sieht in solchen Fällen gemäß § 2306 BGB vor, dass pflichtteilsberechtigte Erben die Erbschaft ausschlagen und trotzdem den Pflichtteil verlangen können.
Ein Pflichtteilsberechtigter hat bei solchen Anordnungen im Testament die Wahl, ob er das Erbe annimmt – und gegebenenfalls seinen Zusatzpflichtteil geltend macht – oder das Erbe ausschlägt und den (vollen) Pflichtteil verlangt.
Liegen die genannten Beschränkungen nicht vor, kann der Erbe zwar auch die Erbschaft ausschlagen, verliert dann aber den Anspruch auf seinen gesetzlichen Pflichtteil und behält nur den Anspruch auf den Zusatzpflichtteil.
Darüber hinaus behält derjenige auch einen eventuell bestehenden Pflichtteilsergänzungsanspruch. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch setzt nämlich nicht voraus, dass der Betreffende einen Pflichtteilsanspruch hat. Es genügt, wenn er zu den pflichtteilsberechtigten Personen gehört. Daher kann ein pflichtteilsberechtigter Erbe, der nicht mit den in § 2306 BGB genannten Einschränkungen beschwert ist, nach einer Ausschlagung noch seinen Anspruch auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen.
Ein Beispiel?
Ein Vater setzt nach dem Tod seiner Ehefrau in seinem Testament seine beiden Söhne A und B zu Erben ein. Beide Söhne sollen je 20.000,00 EUR erben. Sohn A gibt er außerdem auf, nach seinem Tod die Grabpflege zu übernehmen. Außerdem schenkt er kurz vor seinem Tod einer langjährigen guten Bekannten sein Haus im Wert von 60.000,00 Euro. Im Nachlass befinden sich noch 100.000,00 Euro. Beide Söhne überlegen, das Erbe auszuschlagen.
Haben sie Ansprüche?
Sohn A kann aufgrund der Auflage gemäß § 2306 BGB das Erbe ausschlagen und behält seinen gesetzlichen Pflichtteil. Außerdem hat er einen Pflichtteilsergänzungsanspruch hinsichtlich des verschenkten Hauses, das dem Nachlass fiktiv wieder zugerechnet wird. Sein Pflichtteil beläuft sich dann insgesamt auf 40.000,00 Euro.
Sohn B verliert bei einer Ausschlagung seinen Pflichtteilsanspruch. Er behält aber den Anspruch auf den Zusatzpflichtteil. Außerdem hat er den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Bei einem fiktiven Nachlass in Höhe von 160.000,00 EUR ergäbe sich für ihn ein Pflichtteil von 40.000,00 Euro. Er behält bei einer Ausschlagung also einen Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil in Höhe von 20.000,00 Euro.
Wo mache ich den Zusatzpflichtteil geltend?
Oft ist gar nicht klar, wie hoch der Zusatzpflichtteil ist. Denn der Zusatzpflichtteil ist die Differenz zwischen dem erhaltenen Erbe und dem Pflichtteil, der einem zustehen würde. Um den Zusatzpflichtteil zu ermitteln, muss man also den Wert des gesamten Nachlasses kennen.
Pflichtteilsberechtigte haben gemäß § 2314 BGB einen Auskunftsanspruch gegen die Erben, wenn sie nicht selbst Erbe geworden sind. Als pflichtteilsberechtigter Erbe haben Sie dagegen die Möglichkeit, sich über den Bestand und Wert des Nachlasses selbst zu informieren, um die Höhe des Zusatzpflichtteils zu ermitteln.
Dazu können Sie gegebenenfalls die Unterstützung der anderen Miterben verlangen, denn gemäß § 2038 BGB verwalten die Erben den Nachlass gemeinschaftlich. Sie können z.B. auch gemäß § 2027 BGB verlangen, dass Ihnen ein Erbschaftsbesitzer, also jemand, der nach dem Erbfall Sachen aus dem Nachlass im Besitz hat, Auskunft über den Bestand und Verbleib der Nachlassgegenstände gibt.
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