Alles zum Nachlassverzeichnis

Das Nachlassverzeichnis

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Was ist ein Nachlassverzeichnis? Wer darf unter welchen Voraussetzungen ein solches Nachlassverzeichnis anfordern? Und welche Bestandteile soll ein solches Verzeichnis im Einzelnen aufführen? Nachfolgend haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zusammengestellt.

1. Was ist ein Nachlassverzeichnis?

Um einen Pflichtteilsanspruch genau berechnen zu können, braucht man zunächst einen guten Überblick über den genauen Bestand des Nachlasses. Pflichtteilsberechtigte haben dafür einen Anspruch gegenüber Erben sowohl auf Auskunft hinsichtlich aller einzelnen Nachlassgegenstände (sog. Auskunftsanspruch) als auch auf Auskunft hinsichtlich des Werts der einzelnen Gegenstände (sog. Wertermittlungsanspruch). Einen solchen Überblick über den gesamten Nachlassbestand soll ein Nachlassverzeichnis verschaffen.

Das Nachlassverzeichnis enthält alle Vermögensbestandteile zum Sterbezeitpunkt. Dies sind sowohl Aktivposten (kurz: Aktiva), also Vermögenspositionen, die den Nachlass des Erblassers steigern (zB: Immobilien, Konten, etc.), als auch Passivposten (kurz: Passiva), die den Nachlass des Erblassers mindern (zB: Schulden, aber auch Bestattungskosten). Darüber hinaus sind auch Pflichtteilsergänzungsansprüche im Nachlassverzeichnis aufzuführen. Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen insbesondere, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat, die das Nachlassvermögen zum Sterbedatum mindern.

2. Wer kann ein Nachlassverzeichnis anfordern?

Den Anspruch auf Erstellung eines Nachlassverzeichnisses steht dem Pflichtteilsberechtigten zu. Die Erstellung eines solchen Verzeichnisses ist Ausfluss seines Auskunfts- und Wertermittlungsanspruchs.

Bei der Forderung eines Nachlassverzeichnisses muss vor allem darauf bestanden werden, dass dieses korrekt und das Nachlassverzeichnis nicht unvollständig ausgefüllt wird. Auch muss unbedingt beachtet werden, dass der Anspruch auf Forderung eines Nachlassverzeichnisses von der Forderung zur Zahlung des Pflichtteilsanspruchs unterschieden werden muss.

Mehr dazu hier.

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3. Wer muss ein Nachlassverzeichnis erstellen?

Das Verzeichnis ist von den Erben zu erstellen. Dabei ist höchst wichtig, das Nachlassverzeichnis richtig auszufüllen und insbesondere keine falschen Angaben zu tätigen. Denn der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Todesfall. Die Forderung ist deshalb ab diesem Zeitpunkt Vermögensbestandteil des Pflichtteilsberechtigten.

Bestehen seitens des Pflichtteilsberechtigten Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses, kann ein notarielles Nachlassverzeichnis gefordert werden und sogar die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.

4. Der Aufbau und Inhalt des Nachlassverzeichnisses

Gewisse Positionen sind bei der Erstellung von Nachlassverzeichnissen besonders relevant und immer wieder streitig. Nachfolgend haben wir für Sie eine Auflistung der wichtigsten Aktiv- und Passivposten zusammengestellt.

Eine Übersicht über weitere Posten können Sie unserem Muster Nachlassverzeichnis entnehmen, welches Ihnen zum kostenlosen Download zur Verfügung steht.

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Überblick: Die wichtigsten Posten im Nachlassverzeichnis

  1. Aktiva
    1. Immobilien
    2. Pkw
    3. Bankvermögen
    4. Forderungen des Erblassers
    5. Bargeld
    6. Hausrat/Inventar
    7. Unternehmensbeteiligungen
  2. Passiva
    1. Bestattungskosten
    2. Erblasserschulden
    3. Keine Passiva
  3. Sonderfall: Lebzeitige Zuwendungen
    1. Schenkungen
    2. Versicherungen

I. Aktiva – Welche Positionen fallen unter die Aktiva im Nachlassverzeichnis?

Immobilie/Haus

Pflichtteilsberechtigte haben einen Auskunftsanspruch und einen Wertermittlungsanspruch gegenüber den Erben hinsichtlich aller Immobilien, die im Alleineigentum oder Miteigentum des Erblassers standen. Immobilien, das sind Grundstücke, Wohnungen, Haus/Häuser (Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser), Garagen, Gartenflächen, Wiesenflächen oder Waldflächen.

Den Bestand des Grundeigentums sowie die konkreten Werte sollten bereits im Nachlassverzeichnis an möglichst genauen Parametern dargestellt werden. Grundbuchauszüge von Häusern enthalten Angaben zu Größe des Grundstücks, Quadratmeterzahl der Wohnfläche und Gebäudealter. Diese Angaben sind wichtig für die konkrete Bewertung des Hauses.

Bei der konkreten Berechnung im Einzelfall wird es regelmäßig von enormer Wichtigkeit, geeignete Sachverständige zur Begutachtung einzuschalten (zB IHK vereidigt). Da der Erbe auch die Erfüllung des Wertermittlungsanspruchs schuldet, muss dieser regelmäßig auch die Kosten einer etwaigen Begutachtung

Aufgrund der Ausführlichkeit des Themas der Wertermittlung bei Immobilien haben wir hierzu eine eigene Rubrik für Sie zusammengestellt. Diese finden Sie hier.

Wenn Sie unser Tool “Nachlassverzeichnis Muster Excel” downloaden, können Sie darin einen erwarteten Immobilienwert eintragen. Sofern Sie Ihre Pflichtteilsquote mit unserem Pflichtteilsrechner errechnet haben, können Sie so darin den Ihnen zustehenden Pflichtteilsbetrag ablesen.

ACHTUNG:

Während der Ehe haben sich Ehegatten oft gegenseitig als Geschenk einen Miteigentumsanteil an dem gemeinsam bewohnten Haus übergeben. Häufig wird das vereinbart, wenn die Eheleute gemeinsame Kinder haben und einer der Ehepartner vorwiegend den Lebensunterhalt verdient. Diese Konstellation kann sehr vorteilhaft für die Pflichtteilsberechtigten sein, weil daraus Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen können. Pflichtteilsergänzungsansprüche unter Ehepartnern erhöhen den Pflichtteilsanspruch unabhängig davon vor wie vielen Jahren die Schenkung erfolgte. Die 10-Jahresfrist gilt hierbei nicht.

Fahrzeuge/Pkw

Fahrzeuge jeder Art, die dem Erblasser gehörten, sind Teil des Nachlasses. Dazu zählen Autos, Motorräder, Wohnwägen, Anhänger oder auch landwirtschaftliche Fahrzeuge. Der Kfz-Brief lässt uns dabei wissen, ob der Erblasser Alleineigentum oder Miteigentum an dem Pkw hatte. Bei Zweifeln über die Eigentumslage kann ggf. auch der Kaufvertrag über den Erwerb des Kfz Aufschluss geben.

Um den genauen Wert zu bestimmen, sind insbesondere der Hersteller, das Modell, das Baujahr/Erstzulassung sowie die Laufleistung wichtig. Insgesamt bietet die Schwacke-Liste eine gute Möglichkeit, um Anhand dieser Parameter eine Einschätzung des Werts vorzunehmen. Ein Oldtimer auf der anderen Seite kann beispielsweise einen hohen Sammlerwert haben. Kann im Einzelfall aufgrund zusätzlicher Sonderkonstellationen (wie schwer bezifferbare Unfallschäden, etc.) keine Einigung über den Wert zwischen Pflichtteilsberechtigten und Erben erzielt werden, wird auch bei der Bewertung von Pkw häufig auf sachverständige Begutachtung zu bestehen sein.

Bankvermögen

Der aktive Nachlasswert erhöht sich auch gemäß Geldern auf Konten und Depots des Erblassers zum Zeitpunkt des Versterbens. Dabei kann es sich um Einzel- oder Gemeinschaftskonten handeln. Gemeinschaftskonten werden zu 50 % dem Nachlass des Verstorbenen zugerechnet. Zum Nachweis der genauen Wertbeträge zum Sterbedatum eignet sich oft die Mitteilung der Banken an das Finanzamt nach § 33 ErbStG.

Zudem können sich Aktien und Wertpapiere auf Depots befinden. Auch hier ist der relevante Wert der Aktien und Wertpapiere immer genau der Stichtag des Sterbedatums.

Offene Forderungen des Erblassers

Auch offene Forderungen des Erblassers gegen Dritte werden als Aktivforderungen dem Gesamtnachlass hinzugerechnet. Beispiele hierfür sind insbesondere durch den Erblasser beispielsweise zugunsten anderer Familienangehöriger erteilter Darlehensverträge, welche noch nicht zurück gezahlt wurden. Aber auch aus Miet- oder Kaufverträgen sowie allen sonstigen Vertragstypen können sich ausstehende Forderungen des Erblassers ergeben, die zu Lebzeiten nicht mehr getilgt wurden.

Bargeld

Ebenfalls müssen alle Bargeldbestände zum Sterbezeitpunkt im Nachlassverzeichnis angegeben werden. Sind Münzen und Geldscheine in der Geldbörse oder den Kleidungsstücken des Erblassers oder im Bereich der Wohnung, dann steigert dies den Nachlass entsprechend.

Hausrat, Inventar

Der Nachlasswert erhöht sich durch alle Möbel und Haushaltsgegenstände des Erblassers, also das gesamte Inventar aus der Wohnung oder dem Haus des Erblassers. Von besonderem Interesse aufgrund der Werthaltigkeit sind oft Elektrogroßgeräte (wie Waschmaschinen, Trinkwasserfilteranlagen, Spülmaschinen, Elektro- oder Induktionsherde, Kühlschränke), Sammlerstücke (wie Münzen, Briefmarken, Antiquitäten) oder werthaltige Kunstgegenstände (Insbesondere Kunstwerke von namhaften Künstlern. Für die Ermittlung der genauen Werte kann vor allem dann ein Sachverständigengutachten sinnvoll sein, wenn eine spezielle Expertise und Marktkenntnis zur genauen Werteinschätzung nötig ist.

Unternehmensbeteiligungen

Erheblich wertsteigernd für den Nachlass können natürlich insbesondere Unternehmensbeteiligungen des Erblassers sein. War der Erblasser an einer GmbH, AG, GbR oder einer anderen Unternehmensart beteiligt? Selbst wenn der Erblasser als selbständiger Unternehmer tätig war, ist das für die Ermittlung des Nachlasses wichtig.

Auch ein landwirtschaftlicher Betrieb, ein Lager oder ein kleines Geschäft des Erblassers, wie ein Kiosk, können zu einer erheblichen Steigerung des Nachlasses führen. Interessant in diesem Zusammenhang sind Handelsregisterauszüge, Satzungen und Gesellschaftsverträge, das Beteiligungsverhältnis des Erblassers, Geschäftsbücher, Bilanzen, Kundschaftswert.

Regelmäßig wird im Einzelfall eine genaue Bewertung des Unternehmens – ebenfalls wieder zum relevanten Sterbedatum – durch einen geeigneten Sachverständigen mit hinreichend geeigneter Expertise erfolgen müssen. Je nach Größe des Unternehmens kann hierzu mitunter die Hinzuziehung großer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzleien erforderlich sein.

II. Passiva – Welche Positionen sind als Passiva abzuziehen?

Beerdigungskosten

Beerdigungskosten mindern den Nachlasswert. Oft sind Beerdigungskosten aufgeteilt in Kosten für Grabstätte, Grabstein sowie Kosten der Bestattung.

Diese Kosten sind nicht oder nur zum Teil mindernd zu berücksichtigen, wenn eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen wurde. Auch müssen die Bestattungskosten im Verhältnis zum Vermögen des Erblassers stehen: Als Extrembeispiel kann in der Regel keine fünfstellige Bestattung vorgenommen werden, wenn dies zu einer Überschuldung des Nachlasses führen würde. Die Bestattung muss dem Vermögen des Erblassers angemessen sein.

Dauergrabpflegekosten sind ebenfalls ein häufig anzutreffendes Thema im Rahmen der Nachlassverbindlichkeiten. Immer wieder stellen wir fest, dass Erben den Nachlasswert zu schmälern versuchen, indem Sie den Pflichtteilsberechtigten einen Teil der Kosten für einen mit einer Friedhofsverwaltung abgeschlossenen Vertrag über eine Dauergrabpflege von bis zu dreißig Jahren auferlegen. Nur in seltenen Fällen können jedoch die Kosten für die Grabpflege nach vollständiger Ausstattung des Grabes bei Bestattung nach herrschender Meinung der deutschen Gerichte passiviert werden.

Erblasserschulden

Wenn der Erblasser Schulden hinterlässt, wie Steuerschulden, Zugewinnausgleichsanspruch von Ehegatten oder Rentenschulden sind diese Positionen mindernd zu berücksichtigen. Auch zu Lebzeiten durch vertragliche Bindungen eingegangene Schulden aus Bankdarlehen oder ähnlichen Verträgen schmälern als Verbindlichkeit des Gesamtnachlass.

Keine Passiva

VORSICHT:

Keine Passiva, aber gerne von den Erben als solche aufgeführt, sind unter anderem die Kosten für die Eröffnung des Testaments. Auch die Kosten für die Erteilung des Erbscheins und die Erbschaftssteuer sind dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber in der Regel nicht passivierbar. Grund: Die vorgenannte Positionen dienen gerade nicht dem von der Erbfolge ausgeschlossenen Pflichtteilsberechtigten, sondern nur den mit einer Erbschaft bedachten Erben.

Auch Vermächtnisse und an andere Pflichtteilsberechtigte zu zahlende Pflichtteilsansprüche sind nicht in als Nachlassverbindlichkeiten ins Nachlassverzeichnis aufzunehmen.

III. Zuwendungen des Erblassers

Zuwendungen des Erblassers sind für den Pflichtteilsberechtigten insbesondere im Rahmen von Pflichtteilsergänzungsansprüchen relevant.

Schenkungen

Von Relevanz für den Wert des Nachlasses sind insbesondere Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Sterbezeitpunkt. Schenkungen führen zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen, die den Pflichtteil oft erheblich steigern. Wichtig zu wissen sind das Datum der Schenkung und der Wert der Schenkung sowohl zum Schenkungszeitpunkt als auch zum Sterbedatum (Niederstwertprinzip).

Spenden kann man beispielsweise aus den Unterlagen an das Finanzamt im Rahmen von Steuererklärungen entnehmen. Falls vorhanden, wird als Beleg regelmäßig der Schenkungsvertrag zu fordern sein. Daraus ergeben sich im Einzelfall gerade bei immobilienschenkungen auch etwaige erteilte Nießbrauch- oder Wohnrechte. Diese können zwar den Schenkungswert selbst schmälern, aber in manchen Fällen den Lauf der 10-Jahres-Frist beim Pflichtteilsergänzungsanspruch hindern.

Unter Ehegatten gilt die 10-Jahres-Frist nicht, sodass auch Übertragungen von Grundstücken und anderer Gegenstände vor Jahrzehnten für den Pflichtteilsanspruch Relevanz haben.

Versicherungen

Vom Erblasser zu Lebzeiten abgeschlossene Versicherungen, die erst nach dessen Tod Wirkung entfalten, sind als Pflichtteilsergänzungsanspruch relevant.

Vor allem sind hierbei Lebensversicherungen (Kapitalgebundene, Risikolebensversicherungen, Todesfallversicherungen) zu beachten. Nicht eindeutig geklärt ist bei diesen jedoch immer, ob der Auszahlungswert, der Rückkaufswert oder alle vom Erblasser zu Lebzeiten eingezahlten Versicherungsbeiträge als ergänzungsrelevante Zuwendungen einzuordnen sind.

Gleiches gilt bei Sterbegeldversicherungen: Sofern diese die tatsächlich aufgewandten Bestattungskosten übersteigen, kann die weiter verbleibende Summe als für den Pflichtteilsergänzungsanspruch relevante Zuwendung einzuordnen sein.

Die vorangegangene Auflistung ist keine abschließende Aufstellung aller für den Pflichtteil im Einzelfall relevanten Vermögenspositionen. Es sollte Ihnen nur ein erster Überblick über die häufig wichtigsten Posten gegeben werden. Weitere Positionen finden Sie in nachfolgendem Muster zum Nachlassverzeichnis:

5. Nachlassverzeichnis Muster

Laden Sie sich hier gerne unser Formular “Nachlassverzeichnis Muster” herunter. Anhand diesem Formular können Sie auch prüfen, welche Positionen zur Berechnung Ihres Pflichtteils relevant sind und ob Sie alle wichtigen Positionen kennen.

Hier können Sie die Quote Ihres Pflichtteilsanspruchs berechnen:

Link zum Pflichtteilsrechner

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Laden Sie unser “Nachlassverzeichnis Muster Excel” Formular herunter, wenn Sie bereits einzelne Werte der Nachlassgegenstände kennen. In der Excel-Datei können Sie bei diesem Tool jede einzelne Position mit Wertangabe eingeben. Sofern Sie auch Ihre Pflichtteilsquote kennen, können Sie mit diesem Excel-Tool die genaue Höhe Ihres Pflichtteilsanspruchs berechnen.

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